Berufung
Schriftstellen:
Lesung aus dem ersten Buch Samuel 3,1-10.19.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes Joh 1,35-42.
Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!
Eine Berufungsgeschichte hat uns der heutige Sonntag in der Lesung geschenkt, eine Berufungsgeschichte, die allerdings gar nicht gut beginnt. Sie fängt an mit einer Beschreibung der damaligen Zeit. Es heißt: „In jenen Tagen waren Worte des Herrn selten, Visionen nicht häufig!“ Diese Worte stimmen mich nachdenklich, weil sie auch unsere Zeit beschreiben. Auch heute scheint es, dass Gottes Eingreifen selten geworden ist. Vieles lässt, trotz Mühe in Kirche und Öffentlichkeit, nach, und der Priesterberuf wird scheinbar nur mehr von ein paar Exoten gewählt. Das Wort des Herrn vermag die Menschen in seiner Tiefe vielfach nicht zu erreichen. Wir müssen zugeben, dass wir bei allem Nachdenken, warum es in der Kirche zur Zeit so ist, wie es weitgehend erlebt wird, nicht auf die Idee kommen zu fragen, ob vieles, was wir erleben, wenn schon nicht von Gott gewollt, doch von Ihm zugelassen ist. So möchte ich die Botschaft des Propheten Samuel auf unser Heute hin lesen. Ich möchte im Blick auf die beiden Hauptgestalten der Lesung, auf den Priester Eli und seinen Lehrbuben Samuel fragen, was wir heute brauchen können. Sie verkörpern zwei Haltungen, die wir anschauen können.
- Zuerst wird der Priester Eli beschrieben.
Er hat ein Leben lang dem Herrn gedient, aber jetzt ist er müde und pflegt am helllichten Tage zu schlafen, ,,denn seine Augen sind schwach geworden und er konnte nicht mehr sehen.“ Eli kann das nicht mehr, was er eigentlich sein ganzes Leben lang gekonnt hat. Er hat den Blick für Gott verloren. Er vermag nicht mehr die Zusammenhänge Gottes in der Welt zu sehen. Eine schlimme Sache, wenn ein Mensch, in diesem Fall sogar ein Priester, in den Sachen Gottes müde geworden ist. Vielleicht hat ihn die Routine seines gottesdienstlichen Lebens müde gemacht. Aber ist die Müdigkeit Elis hier, wirklich eine so schlechte Müdigkeit? Ist es nicht gerade so, dass wenn der Mensch schläft, er Abstand von all dem bekommt, was ihn beschäftigt? Dass man gerade im Schlaf einmal aus der Routine ausbricht, und am Morgen neu in die Welt zurückkehren kann. Im Stundengebt der Kirche, in der Komplet, der letzten Gebetszeit vor dem Schlafengehen, lese ich einmal pro Woche (donnerstags) ein Wort aus dem Epheserbrief, das lautet ,,Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum.“ Dahinter steckt ein Hinweis, dass der Ärger eines Tages, nicht in den Schlaf mitgenommen werden soll, und ich über Nacht neu in die Welt zurückkommen darf. So war es wohl bei Eli. Er hat am helllichten Tag die Abgestumpftheit in Sachen Gottes ausgeschlafen, und ist neu aufgewacht. Er konnte sogar nach dem Schlaf den Anruf Gottes neu erkennen, um dem jungen, unkundigen Samuel den entscheidenden Hinweis geben: „Wenn er dich noch einmal ruft, sprich: Rede Herr, dein Diener hört.“ Vielleicht brauchen wir, um Gottes Stimme in der routinierten Alltäglichkeit erkennen zu können, diesen gesunden Schlaf des Abstandes zum eigenen Tun und Wirken. Die Stille der persönlichen Nacht, weckt das neue Vertrauen. So werden wir zu neuen Menschen und schlafen uns im guten Sinn gesund, weil wir neu in der Welt aufwachen. Gott ist ein Gott Aufwachens, des Morgens, des Ostermorgens. Die Nacht vor dem Ostermorgen ist kein Schlaf einer falschen Sicherheit, es ist eine Ruhe in Gottes neuen Morgen hinein.
- So bleibt noch ein Blick auf den jungen Samuel.
Er wird dreimal von Gott gerufen. Er springt immer sofort auf, um zu sehen, wer ihn gerufen hat. In der Kirche gibt es auch heute noch viel Bereitschaft zu laufen, wie der junge Samuel, der aufspringt, um einer Stimme Folge zu leisten. Die Stimme Gottes kannte er noch nicht. Könnte es nicht auch bei uns so sein? Wir meinen verstanden zu haben, aber die Stimme Gottes, kennen wir nicht? Es braucht eben nicht nur die schnelle Hör- und Sprungbereitschaft an der Oberfläche, sondern das tiefe und alltägliche Hineinhorchen in das eigene Herz. Auch in unser Herz spricht Jesus jenes Wort, das er im Evangelium den nachfolgebereiten Jüngern gesagt hat ,,Kommt und seht.“ Das heißt nichts anderes als ,,kommt und bleibt bei mir, lernt, was Nachfolge bedeutet.“ Dafür braucht es das konsequente Wollen, das ein Leben lang mit ihm mitgeht. Ich sehe in Eli und Samuel auch ein Bild unserer Kirche. Es gibt viel müde Gewordenes in ihr, das aus dem Schlaf der Sicherheit aufwachen muss zur neuen Erfahrung mit dem Auferstandenen. Und es gibt sicherlich auch Junges, viele Ideen, viele Initiativen und viel guten Willen. Es fehlt nur öfters eine dauerhafte Orientierung.
- Worauf es letzten Endes ankommt ist, dass die Lampe Gottes nicht erlischt. Das wurde auch am Beginn der Lesung gesagt ,,die Lampe Gottes war noch nicht erloschen.“
Sie ist auch heute nicht erloschen, liebe Brüder und Schwestern! Die Lampe Gottes von damals, ist wohl so etwas, wie unser ewiges Licht hier, das uns Gottes Gegenwart im Tabernakel zeigt. Ich denke diesbezüglich an ein Ereignis, das in unserer Stiftsgeschichte berichtet wird: ,,Im Jahr 1946 mussten unsere Mitbrüder, die Pfarren in der Tschechien betreuten, mit der deutschsprachigen Bevölkerung, diese Pfarren, also ihre Heimat verlassen. Ein Mitbruder berichtete, dass nachdem sie das letzte Mal die heilige Messe gefeiert hatten, er das Allerheiligste mitnahm und das ewige Licht, die Lampe Gottes löschte.“ Sicher wurde das Licht Gottes durch den Kommunismus hier über lange Zeit ausgelöscht. Aber heute brennt dort Gottes Lampe wieder, vielleicht noch ein wenig schwach. Heute gibt es zumindest wieder einige Gläubige, und sogar Prämonstratenser, sind wieder dort, zwar nicht mehr aus Schlägl, sondern aus dem Kloster Strahov bei Prag. Gießen wir in die Lampe Gottes das Öl eines lebendigen Glaubens heute. Im Psalm 36 heißt es sehr schön „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens; in deinem Lichte schauen wir das Licht.“